Das Gendersternchen als politische Ablenkungsstrategie. Der Extra-Post zur gegenwärtigen Politik, in der Gefühle über Argumenten steht.

This is written for all the people voting in Germany in February. If you’re curious and don’t speak German, just throw the post into google translate!

Ich habe in den letzten Monaten pro Monat einen Bonuspost geschrieben, in dem es meistens um Feminismus ging (hier ist der letzte). Das ist ein Thema, das mich ein Leben lang begleitet, und das ich während des Studiums auch akademisch gestreift habe. Und Beauty, um die es hier normalerweise geht, hat auch immer eine gesellschaftspolitische Bedeutung – Trends entstehen nie einfach im luftleeren Raum, sondern werden eben von der Gesellschaft geprägt, in der sie leben. Schon allein die Geschichte des roten Lippenstifts ist politisch. In Nazi-Deutschland abgelehnt, von den US-AmerikanerInnen in Reaktion als patriotisch angesehen.

Das Gendern

In Straßenbahnen in der Stadt, in der ich lebe, gibt es Info-Bildschirme, auf denen immer kleine Teaser für Nachrichten eingeblendet werden. Neulich gab es dort die Info, dass die Hessische Landesregierung zufrieden mit der Einführung des Verbots des Genderns an Schulen ist. Wozu ich einige Gedanken hatte, die nichts mit der Sache des Genderns an sich zu tun haben. Eher mit dem Politikdiskurs der letzten Jahre, in dem es vor allem darum geht, Gefühle zu generieren, und am besten das der Empörung. Es geht darum, Menschen so emotional zu treffen, dass das Nachdenken und bewusstes Reflektieren ausgeschaltet wird.

An Sprache lässt sich immer wieder gut beobachten, wie Menschen in Deutschland an Traditionen hängen und gegen Veränderung sind. Ich erinnere mich gut an die Rechtsschreibreform 1996, die Schriftsprache vereinfachte. Große Tageszeitungen wie die FAZ folgten ihr einfach nicht, aus ‚Tradition‘. Das Gendern, in dem Menschen aufgefordert werden, über traditionelle Sprach- und Geschlechterrollen hinauszudenken, ist da besonders angsteinflößend.

Die Brüllaffen

Und das wurde jahrelang in Wahlkämpfen und Talkshows von PolikerInnen ausgenutzt. Hier war ein Thema, das mühelos WählerInnen abholte, entweder konservative oder liberale. Ich habe mir häufig gewünscht, dass LinguistInnen mehr zu Wort gekommen wären – wenn mir aus meiner ‚Einführung in die Linguistik‘ mehr Studien einfallen als so manchen sogenannten ExpertInnen! Nein, stattdessen ging es darum, wer am lautesten brüllt und damit die meisten AnhängerInnen erreichte. Und ich will nicht brüllen müssen (das zu dem Argument ‚wir müssen lauter sein‘). Ich bin ein konfliktscheuer Mensch, ich habe etwas gegen laute Auseinandersetzungen. Nein: ich will auf einer rationalen, wissenschaftsgestützten Basis diskutieren und daraus Kompromisse geschlossen sehen.

Meiner Meinung nach ist es automatisch Wert, einen Schritt nach hinten zu tun und besonders kritisch hinzuschauen, wenn ein durch Emotionen aufgepeitschter Mob ‚den Anderen‘ die Schuld an allem gibt. Und genau hinzuschauen, wer da aufgepeitscht hat. Denn es ist so viel einfacher, sich in Gendersternchen zu verlieren, als die wirklich wichtigen Themen anzupacken: das Gesundheitswesen, die Bildungsreform, Klimakrise, mehrere Kriege und die Energiewende, um nur ein paar zu nennen.

Wem hilft’s?

Der große Wurf, das Verbot des Genderns an hessischen Schulen: das hat keinem einzigen Menschen geholfen. Es hat für niemanden Strom oder Butter billiger gemacht, es hat niemanden schneller einen Arzt finden lassen. Es hat niemandem geholfen – außer den PolitikerInnen, die damit einen einfachen Wahlkampf hingelegt haben, ohne wichtige Themen angehen zu müssen. Und zahllosen Internetseiten und Zeitungen, denen das einfacher Clickbait war.

Das Gendersternchen als politische Ablenkungsstrategie

Die einfachen Antworten sind fast immer die falschen. Unsere heutige Realität ist komplex. Um es mit The West Wing zu sagen: misstraue den simplen 10-Wort Antworten. Frage nach, was danach kommt.

“Ten-word answers can kill you in political campaigns. They’re the tip of the sword. Here’s my question: What are the next ten words of your answer? Your taxes are too high? So are mine. Give me the next ten words. How are we gonna do it? Give me ten after that, I’ll drop out of the race right now. Every once in a while… every once in a while, there’s a day with an absolute right and an absolute wrong, but those days almost always include body counts. Other than that, there aren’t very many unnuanced moments in leading a country that’s way too big for ten words.”

Und das ist auch so beim Thema Transmenschen. Und Migration.

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